Projekt

Über die Rehkitzrettung Osnabrücker Land

Die Rehkitzrettung Osnabrücker Land ist eine private, ehrenamtliche Initiative. Sie wurde 2017 von Carsten Kemna (49, Reha-Techniker aus Melle) und Sven Pots (41, Ingenieur für Energie- & Umwelttechnik aus Bissendorf) gegründet. Die Rehkitzrettung Osnabrücker Land ist vollständig privat aus eigenen Mitteln der beiden Gründer finanziert.

 

Unsere Mission ist es, mittels Drohnen und Wärmebildtechnik Wildtiere vor Verletzungen oder Tod durch landwirtschaftliche Maschinen während der Frühjahrs-Mahd zu schützen. Insbesondere während der Brut- und Setzzeit sind vor allem Jungtiere gefährdet, da Sie modernen landwirtschaftlichen Maschinen häufig nicht entkommen können. Jedes Jahr verenden so hunderttausende Wildtiere im Zuge der Mahd-Arbeiten qualvoll an schweren Verletzungen. Unsere Vision ist es, unsere Wiesen wieder zu dem zu machen, was sie eigentlich sein sollten: Eine sichere Kinderstube für unsere Wildtiere.

 

Zu unseren Grundsätzen gehört es, dass wir ehrenamtlich und kostenfrei für Landwirte und Jäger arbeiten. Jeder kann uns kontaktieren und wir kommen entweder selbst oder vermitteln jemandem aus unserem stetig wachsenden Netzwerk. Wir arbeiten stets daran, dieses Netzwerk zu vergrößern. Während wir im Gründungsjahr 2017 in unserer Region noch allein mit dieser Technik Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt haben, ist das Netzwerk auf inzwischen 11 Teams angewachsen, die 2021 im Osnabrücker Land im Einsatz sein werden.

 

Neue Teams werden von uns an das Thema herangeführt und bzgl. der eingesetzten Technik beraten. Wir geben Flugstunden und führen praktische Schulungen durch, um die Teams bestmöglich auf den Einsatz im Frühjahr vorzubereiten.

 

Wir betreiben aktiv Pressearbeit, um das Thema noch präsenter zu machen. Dadurch finden sich zum einen immer wieder neue Freiwillige, die helfen wollen. Zum anderen wird die Kooperation zwischen den Rehkitzrettern, den Jägern und den Landwirten verbessert. Die gute Kooperation steht für uns an erster Stelle, denn nur im Team lässt sich diese Aufgabe bewältigen.

 

 

Worum es im Detail geht

Jedes Jahr sterben in Deutschland Schätzungen der Deutschen Wildtierstiftung zufolge über 500.000 Wildtiere unnötigerweise bei landwirtschaftlichen Mahd-Arbeiten. Betroffen sind vor allem auch geschätzt 100.000 Rehkitze, die bei der Mahd im Frühjahr getötet oder schwer verletzt werden. Ihr Drückinstinkt schützt Sie vor Fressfeinden, verhindert aber gleichzeitig, dass Sie modernen Mähmaschinen entkommen können.

 

Sie verharren auch bei sich nähernder Gefahr und drücken sich fest an den Boden. Da sie kaum Witterung abgeben, schützt Sie dieses Verhalten effizient vor Fuchs und Co. Bei einem sich nähernden Mähwerk bedeutet dieses Verhalten allerdings meistens den sicheren Tod. Abgetrennte Gliedmaßen führen in der Regel nicht zum sofortigen Tod. Die Tiere leiden oft tagelang, bevor sie qualvoll verenden oder erlöst werden müssen, während die Ricke verzweifelt aber hilflos das Geschehen mitverfolgen muss.

 

 

Unsere Lösung

Rehkitze in einer Wiese mit hochstehendem Bewuchs mit bloßem Auge zu finden, ist fast unmöglich. Die Tiere drücken sich tief an den Boden und sind exzellent getarnt. Selbst die Suche mit Hunden ist sehr ineffizient, da die Jungtiere fast keine Witterung abgeben. Abgesehen von der sehr schlechten „Trefferquote“, nimmt das Durchlaufen der Flächen sehr viel Zeit in Anspruch.

 

Wir überfliegen daher die zur Mahd anstehenden landwirtschaftlichen Flächen frühmorgens mit Drohnen, die mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet sind. Rehkitze strahlen - wie jedes andere Lebewesen auch - Wärme ab, die von der Wärmebildkamera registriert wird.

 

Das Wärmebild wird mittels Funkübertragung zum Bildschirm am Boden übertragen und kann dort live ausgewertet werden. Die Helfer am Boden (Jäger, Landwirte oder Freiwillige) werden dann mit Funkgerät zum Rehkitz navigiert und können dieses dann in Sicherheit bringen. Dabei wird genauestens darauf geachtet, dass kein menschlicher Geruch auf das Tier übertragen wird. Die zuständigen Jäger kontrollieren nach der Mahd stets, ob die Tiere von der Mutter wieder abgeholt wurden.

 

 

Die Technik

Wir nutzen ferngesteuerte Hexakopter oder Quadrokopter, also Drohnen mit 6 bzw. 4 Rotoren. Das Fluggerät ist eigenstabil und durch die GPS-gestützte Flugsteuerung auch für Anfänger leicht zu bedienen. Das automatisierte Abfliegen der Flächen mit vorgegebenem Suchraster stellt sicher, dass die Flächen lückenlos und effizient abgesucht werden können.

 

Die Bildübertragung erfolgt live zur Fernbedienung am Boden. Mit einer Reichweite von bis zu 2 km lassen sich auch große Flächen effizient absuchen. Die Fernsteuerung dient der Steuerung der Drohne sowie der Anzeige der Flugdaten und des Kamerabildes. Die Darstellung des Wärmebildes als sogenanntes Falschfarbenbild lässt sich je nach Einsatzzweck anpassen. Dies ermöglicht eine optimale und einfache Erkennung des gesuchten Objektes unter den jeweiligen Umgebungsbedingungen.

 

Wärmebildtechnik ist von Temperaturdifferenzen abhängig. Daher ist eine gleichmäßig kühle Fläche für unsere Arbeit vorteilhaft. Wir überfliegen die zur Mahd anstehenden Flächen deshalb früh morgens ab ca. 3:00 Uhr bevor die Sonne die Fläche zu sehr erwärmt.

 

 

Vorteile gegenüber anderen Methoden

Die Suche aus der Luft ist schneller als das konventionelle Absuchen der Fläche, bei der die Flächen mühsam engmaschig durchritten werden müssen. Dank Wärmebildtechnik ist unsere Lösung sehr treffsicher. Die gute Tarnung der Kitze in der Wiese spielt bei dieser Technik keine Rolle. Der organisatorische Aufwand ist minimal. Wir benötigen je nach Größe der Fläche nur 2 bis 3 Helfer.

 

So können während der 6-wöchigen Setzzeit des Rehwildes von Ende April bis Mitte Juni bis zu 800 ha von einem einzigen Drohnenteam abgesucht werden. Je nach Wetterlage sind wir so jedes Jahr an ca. 45 Tagen im Frühjahr im Einsatz.

 

Seit Bestehen der Rehkitzrettung Osnabrücker Land haben wir 350 Rehkitze retten können. Unser Netzwerk im Osnabrücker Land hat allein im Jahr 2020 mehr als 650 Rehkitze auf über 3.000ha Fläche gesichert.